(von Moriz Urwyler, Junioren-Schweizermeister im Segelflug 2023)
Die JSM war mein erster Wettkampf, und ich war entsprechend nervös. Am Dienstagabend machte ich mich auf den Weg in Richtung Fricktal-Schupfart. Dieses Fluggebiet war für mich völlig neu. Ich fühle mich in den grossen Bergen zuhause, und das Fliegen im Jura und Schwarzwald war mir bis zu diesem Wettkampf mehrheitlich fremd. Aus diesem Grund waren besonders die Vorbereitungen auf den Schwarzwald essenziell. Wer selbst schon mal über Hügel und Waldlandschaften in Süddeutschland geflogen ist, weiss, dass es dort nur wenige Landeoptionen gibt. Vor dem Wettkampf hatte ich mir diese Ziele gesetzt: Ich wollte nach jedem Flug zufrieden aus dem Flieger steigen und ein tolles Erlebnis mit den anderen Juniorinnen und Junioren teilen. Demzufolge versuchte ich meine Flugtaktik so zu wählen, dass ich nicht allzu viele Schweissperlen wegwischen musste. Natürlich gelang mir dies nicht immer wie geplant. Mehr davon später.
Die Anreise verlief reibungslos, und ich war gespannt, was mich am ersten Wertungstag erwarten würde. Am Mittwoch um 9 Uhr war es dann so weit: Wir wurden herzlich begrüsst, und später analysierten wir zusammen das Wetter. Nach dem Briefing machten wir unsere Flieger bereit, und kurze Zeit später ging es bereits los. Das Wetter war vielversprechend, jedoch machte starker Nordostwind das Ganze anspruchsvoll. Die Thermik war zerrissen, und man musste seine Route mit Bedacht planen. Dank den vier Schleppflugzeugen waren die 15 Flugzeuge rasch am Himmel. Es stand eine 2h AAT Task auf dem Programm. Als die Startlinie öffnete, war ich gut positioniert und wartete geduldig. Als ich eine halbe Stunde später beinahe der Letzte war, der immer noch wartete, startete ich die Task und nahm die Verfolgung auf. Ich hatte keine grossen Schwierigkeiten und konnte bis zum Schluchsee fliegen. Das war für mich super, denn so erlebte ich ein Stück des studierten Gebietes in der Realität. Zurück auf dem Platz bemerkte ich, dass es nicht allen so rund lief und es einige Aussenlandungen gegeben hatte. Für mich völlig überraschend belegte ich den zweiten Platz.
Am nächsten Tag herrschte verkehrte Welt. Alle, die am ersten Tag eine gute Linienwahl getroffen hatten und erfolgreich waren, hatten an diesem Tag etwas Pech. So erging es auch mir. Es war eine Out- and Return-AAT-Task im Schwarzwald angesagt. Die Nervosität machte sich bemerkbar, da nun für mich die Stunde der Wahrheit kam und ich das erste Mal den Schwarzwald erkunden musste. Ich wählte absichtlich eine zentrale Linie über den Schwarzwald, um möglichst viele Aussenlandefelder zu besichtigen und um ein Gefühl zu bekommen, wie man hier am besten fliegt. Diese Entscheidung war mutig und wahrscheinlich taktisch eine schlechte Wahl. Jedenfalls wählten die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen einen Weg weiter östlich. Ich hatte zwei Mal einen Lowsafe. Danach war meine Konzentration wohl etwas reduziert: Ich flog in ein Leegebiet und musste rasch ein passendes Aussenlandefeld wählen. Meine Wahl fiel auf Bernau im Schwarzwald. Ich setzte meinen Discus b auf einer frisch gemähten Wiese auf. Meine erste Solo-Aussenlandung war anspruchsvoll, jedoch gut geplant und sicher. Natürlich wäre ich lieber die letzten 25 Kilometer ins Ziel geflogen, jedoch konnte ich mein Wochenziel abhaken und schaute auf einen lehrreichen Tag zurück.
Der dritte Tag war eine Task im Jura. Das Wetter machte uns lange Zeit Sorgen, und wir wussten nicht, ob wir überhaupt fliegen werden. Nach dem Mittag wurde es jedoch besser und die Rennleitung schickte uns in die Luft. Die Task führte uns Richtung Grenchenberg. Die Bedingungen waren sehr anspruchsvoll, zumindest empfand ich das so. Die Basis war sehr tief, und es herrschte starker Ostwind. Es war ein Mix aus Hangaufwind und Thermik. Durch die tiefe Basis hatte man sehr wenig Raum für Fehler. Deshalb versuchte ich eher defensiv zu fliegen, um keine Aussenlandung zu riskieren. Zu Beginn erwischte ich eine Superlinie und war schnell unterwegs. Gegen Schluss hingegen nahm ich Tempo raus, um sicher ins Ziel zu kommen. Ich beendete die Task auf dem vierten Rang.
Am zweitletzten Tag war das Wetter schlecht, und demzufolge konnten wir den Tag zu unseren eigenen Gunsten nutzen. Ich ging mit meiner Freundin eine alte Ruine im Schwarzwald besichtigen, um etwas Abstand zum Fliegen zu gewinnen. Mir wurde bewusst, wenn ich am letzten Tag keinen groben Fehler machen würde, dann könnte es für den Schweizermeistertitel reichen.
Am letzten Wettbewerbstag galt es noch einmal konzentriert zu bleiben. Auf dem Programm stand eine kurze AAT-Task Richtung Villingen-Schwenningen. Die Wettervorhersage war optimistisch, und wir freuten uns sehr auf den Tag. Endlich in der kühlen Höhenluft angekommen, kam ein Gewitter direkt auf die Startlinie zu. Das Wetter zu beobachten war sehr eindrücklich, die Aufwinde schienen teilweise zu explodieren. Nach einem kurzen Waschgang im Regen war die Gewitterzelle vorbei und wir starteten unseren Weg in Richtung Norden. Ich startete gleich in der ersten Gruppe und versuchte die anderen Piloten im Auge zu behalten. Dabei habe ich realisiert, dass es besser ist, sich auf seinen eigenen Instinkt zu verlassen. Deshalb trennten sich unsere Wege kurze Zeit später und ich flog praktisch die ganze Task allein. Als ich die Endanflughöhe erreichte hatte, fiel eine grosse Anspannung weg, und ich konnte die letzten 40 Kilometer geniessen.
Zurück auf dem Flugplatz war ich überglücklich! Ich konnte auf vier extrem lehrreiche Flugtage zurückschauen. Zur Krönung durfte ich schliesslich ganz oben auf dem Podest stehen. Die Freude war riesig, und ich konnte es noch gar nicht richtig fassen. Noch am selben Abend fuhr ich zurück nach Thun und wurde herzlich von meinen Vereinskollegen in Empfang genommen, Herzlichen Dank dafür! Ich bedanke mich auch bei der Segelfluggruppe Fricktal-Schupfart für den super organisierten Wettkampf, meinen Segelflug-Kolleginnen und -Kollegen für die tolle Zeit und meiner Familie für die Unterstützung.
Eines steht fest, die JSM 2023 war garantiert nicht mein letzter Wettkampf.