Die AERO 2024 in Friedrichshafen


(von Christoph Röthenmund)



Die AERO Friedrichshafen hatte dieses Jahr vom 17. bis zum 20.4.2024 ihr dreissigstes Jubiläum zu feiern.
Über 700 Aussteller in 12 Hallen und einem grossen Aussenbereich. Der Messeguide listete auf 86 Seiten Aussteller auf.

Von Drohnen zu UL-Fliegern über Leichthelikopter, Helikopter, zu Leichtflugzeugen bis hin zu grossen Geschäftsfliegern, verschiedene Antriebskonzepte, Simulatoren im Hobbybereich bis zu Ausbildungssimulatoren jeglicher Art, Navigationsgeräten und sämtliches erdenkliches Zubehör, Ausbildungs- und Aviatikfirmen, alles war vertreten.

Auch einige Youtube-Grössen waren vertreten oder konnte man entdecken als Besucher, wie z.B. Pilot Frank , Pilot Axel oder den Hirnklempner.

Besonders aufgefallen sind mir vermehrt Experimental-Flugzeuge mit Elektroantrieben, die 50 Minuten bis zu einer Stunde Autonomie inklusive 30 Minuten Reserve bieten.

Die meisten dieser Flugzeuge haben ein konventionell angetriebenes Gegenstück, was insbesondere für Flugschulen interessant sein kann, da so auch längere Navigationsflüge mit einem sehr ähnlichen Flugzeug möglich sind.

Auch aufgefallen sind die vielen Stände, an denen Simulationen mit VR-Brillen gezeigt werden, oft auch in Kombination mit AR, d.h. mit einem physischen Cockpit, welches dann in der Simulation angezeigt wird. Insbesondere in der professionellen Simulation sind diese Systeme ganz klar im Aufwind und stellen eine interessante Alternative zu Vollsimulatoren mit grossen aufwendigen visuellen System dar. Meist werden sie gekoppelt mit Motion-Plattformen.

Neben den klassischen Ständen gab es auch einige sehr spezielle, so ist mir zum Beispiel der Stand der DRF mit hoistAR® aufgefallen -> Siehe Interview im Anschluss.

Im Aussenbereich war es wiederum möglich, viele der grösseren Geschäftsflieger aus der Nähe anzusehen, und wenn man nett fragte, durfte man diese auch mal von innen begutachten oder sogar im Cockpit Platz nehmen.

Alles in allem: Die AERO war wie immer eine Reise wert!


Die beiden Interviewpartner der DRF Luftrettung, Sebastian Schneider (links), Leiter Ausbildung Windenbetrieb,
und Georg Lederer, Helikopterpilot, Lehrer und Prüfer.


DRF Akademie: Der mobile Windensimulator hoistAR® (drf-akademie.de)

Darf ich Sie kurz bitten, sich vorzustellen?

Sebastian Schneider, ich bin der Leiter Ausbildung Windenbetrieb der DRF Luftrettung. Georg Lederer, ich bin Hubschrauberpilot bei der DRF Luftrettung und bin Lehrer und Prüfer, bilde aus und und nehme Checkflüge ab. 

Was zeigen Sie hier an der AERO Friedrichshafen?

Wir führen hier auf der AERO in Friedrichshafen den sogenannten hoistAR® vor, einen Winden-Simulator, der als Neuentwicklung auf dem Markt verfügbar ist. Dieser Simulator ist in Zusammenarbeit mit der Firma Reiser Simulation and Training und der der DRF Luftrettung entstanden. Der hoistAR® bildet das nächste Level of Training innerhalb der Windenausbildung, um einfach Windenbediener, die sogenannten Hoist Operator/Winden-Operator, und Piloten mit Hilfe realistischer virtueller Simulation auszubilden und zu trainieren.

Das System besteht aus einer beweglichen Plattform, einer physischen Winde und dem Windensteuerungsgerät sowie einer Nachbildung des Helikopters im Bereich der Winde, inklusive der Kufe, auf die sich der Windenoperator im Betrieb stellt. Durch den sogenannten Greenscreen kann im Zusammenspiel mit der virtuellen Brille die Sicht aus dem Helikopter und die Winde perfekt simuliert werden. Der Windenoperator sieht sich durch die Brille selber, kann mit seiner Hand die echte Windensteuerung bedienen und dabei auch die virtuell dargestellte Winde greifen. Die Winde bewegt sich hoch und runter, aber auch seitliche Bewegungen sind klar spürbar. So ist eine schwingende Winde spürbar. Die Illusion, auf dem Rand eines Helikopters Windenoperationen durchzuführen, ist absolut perfekt.

Was für Szenarien können Sie damit erproben?

Wir können mit hoistAR® Windenoperationen für Airbus Helikopter der H145 Reihe darstellen und können damit realistisch alle Normal-, Abnormal- und Notverfahren im Windenbetrieb kostengünstig und effektiv trainieren und schulen.

Können Sie mit diesem Simulator neben der eigentlichen Windenoperation auch das Zusammenspiel zwischen Piloten und Windenoperator trainieren?

Ja, wir können hier alles trainieren, was wir im Realflug sonst auch durchführen und noch viel mehr.

Es gibt zwei grundlegende Trainingsmodi: Für das Training des Windenoperators mit Hilfe des Windenausbilders in verschiedenen Szenarien den Modus „Stand alone” und für das Training des Zusammenspiels des Piloten und des Windenoperators den Modus “Slave to FFS”, in welchem hoistAR® mit dem Full Flight Simulator der Firma Reiser, beispielsweise in Frankfurt bei unserem Partner, der Lufthansa Aviation Training (LAT), gekoppelt werden kann. So kann dann die Crew-Koordination, die Kommunikation und das Zusammenspiel zwischen Piloten und dem Winden-Operator in allen denkbaren Verfahren und Situationen sehr realistisch trainiert werden. Das grossartige an diesem Verfahren ist, dass sich Pilot und Winden-Operator nicht am selben Ort befinden müssen und trotzdem miteinander trainieren können.
Das hoistAR®-System ist mobil und kann somit an den gewünschten Trainingsstandort der Windenoperatoren gebracht werden. Die Anlage ist auf Trailerbasis aufgebaut, somit kann er an jeden Ort gebracht werden mit einer Durchfahrtshöhe von vier Metern. Das Training kann dort stattfinden, wo es gerade sinnvoll ist.

Sollen die hoistAR® Trainingsanlagen in Zukunft verkauft oder sogar vermietet werden? 

Aktuell sehen Sie den Prototyp, welcher sich in der Endfertigung befindet. Die Absicht ist, dies zusammen mit der Firma Reiser in die Serienfertigung zu entwickeln, so dass weitere Systeme verkauft werden können oder dass die DRF Luftrettung ihre Leistung auch externen Kunden anbieten kann, so dass diese auf diesem System trainieren können.

Was für Wetterbedingungen können simuliert werden?

Von Blindflug bis CAVOK, Turbulenzen und Winde, vom schönsten Sommerwetter bis hin zu Gewittern mit starken Böen ist alles simulierbar.

Wie teuer wird eine Stunde Ausbildung mit hoistAR®?

Darüber können wir im Moment noch keine Angaben machen. Sobald die Abnahme stattgefunden hat und der Simulator an die DRF Luftrettung übergeben worden ist, können die genauen Kosten errechnet werden.

Mit diesem System ist eine perfekt simulierte und sehr realistische Ausbildung möglich, das ganze CO2-arm oder fast -frei. Stimmt es, dass mit hoistAR® Szenarien trainiert werden können, welche im Realflug zu heikel zu trainieren wären oder bisher gar nicht trainiert werden durften?

Ja, das war auch die Zielsetzung dieser Neuentwicklung. Bisher gab es im Realflugtraining Limits, um Personal und Material zu schützen. HoistAR® gibt uns nun die Möglichkeit Notverfahren, die im Realflug limitiert sind, bis zur höchsten Eskalationsstufe gefahrenfrei zu trainieren. So kann die Handlungssicherheit des Personals erhöht werden und die grösstmögliche Sicherheit für die Rettung von Menschen in unwegsamem Gelände gewährleisten zu können.

Die Simulationserfahrung ist sehr realistisch, das Gefühl auf einer Kufe des Helikopters zu stehen beeindruckend, und die Höhe erscheint real. Gab es schon Testpersonen, denen schlecht wurde?

Nein, bis dato noch nicht. Der ganze Personenpool, der derzeit zum Test eingesetzt wurde, hat bereits Erfahrung. Keine Höhenangst zu haben, ist eine Grundvoraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit. So steht ein Winden-Operator im Realflug auch in mehreren 100 Metern Höhe über Grund auf der Kufe und ist Naturgewalten ausgesetzt wie Kälte, Wind etc. Bei der Personal- oder Bewerberauswahl ist dieser Simulator sicherlich ein Tool, um schon im Vorfeld die Grundfähigkeiten zu testen – und dies ganz CO2-neutral.

Vielen Dank für das Interview! Ich wünsche Ihnen ganz viel Erfolg mit ihrem Prototypen und dass hoistAR® bald in Serienreife geht.


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