Piper Cub HB-OGA… still flying strong


(Röbi Möhl, Obmann Fluggruppe Saanenland, interviewt Lukas Kappenberger)

Im Flugplatzhangar in Saanen, dem heutigen «Gstaad Airport», steht seit 1987 ein erstaunliches Flugzeug, die HB-OGA. Dazu habe ich einen der Mitbesitzer interviewt, Lukas Kappenberger.

RM: 
Dieses Flugzeug mit der genauen Typenbezeichnung  Piper J-3C-65/L-4 Cub kam am 13. Juni 1947 in die Schweiz; das ist in den technischen Akten genau dokumentiert. Die Geschichte geht jedoch viel weiter zurück. Kannst Du dazu etwas erzählen?

LK:
Gerne. Bereits 1926, dreizehn Jahre nach den Wright-Brothers, haben zwei Brüder namens Taylor einen Zweisitzer, genannt «Chummy», für USD 4000 angeboten. Die Popularität der Luftfahrt sollte mit einem billigen kleinen Flugzeug offenbar gefördert werden. Aber der grosse Erfolg wollte sich nicht einstellen, bis 1936 mit William Piper ein Investor auftauchte, der an das Vorhaben glaubte. Ein Mitarbeiter der Taylors, Walt Jamouneau (daher das J in der Typenbezeichnung), modifizierte die bisherige E-2 zur J-2, wovon bis 1938 etwa 1200 Exemplare hergestellt wurden. Ein Brand zerstörte die Produktion in Bradford/Pennsylvania. Doch Piper liess sich nicht entmutigen und baute neue Hallen in Lock Haven, ebenfalls im Staate Pennsylvania. Noch heute heisst der dortige Flugplatz zu seinen Ehren «William T. Piper Memorial Airport». Auch das «Piper Aviation Museum» ist dort zu besuchen. Die HB-OGA wurde auch dort gebaut.
Das Flugzeug wurde nach Anregung wiederum von Jamouneau kontinuierlich verbessert. Mit dem neuen Continental-Motor, der nun bis 65 PS lieferte, konnte die Piper als J-3C für billige USD 1000 angeboten werden.

RM : 
Die Kriegsjahre zeichneten sich bereits ab. In Europa und auch in den USA musste die Einsatzbereitschaft vorbereitet werden. Die US Air Force sah einen grossen Bedarf an Piloten voraus.

LK:  
Es wurde ein eigentliches nationales Programm zur Pilotenausbildung lanciert – das Civilian Pilot Training Program (CPTP).  Bevorzugt und in grosser Anzahl bot sich die Piper J-3 für die Grundausbildung an. Es sollen davon über 3000 Cubs zur Verfügung gestanden sein. Angeblich sollen 75% der etwa 435’000 US-Piloten, die im Zweiten Weltkrieg im Einsatz waren, so ihre ersten fliegerischen Erfahrungen gemacht haben, wie übrigens später in der Schweiz für die «FVS» (Fliegerische Vorschulung).   

RM: 
Und der Krieg löste wohl auch einen ungeheuerlichen Bedarf an weiteren Flugzeugen aus?

LK:
Es ist nachzulesen, dass von 1938 bis 1947 über 20’000 J-3/L-4 hergestellt worden sind, dh. in der Hochdruckphase alle 20 Minuten ein Flugzeug ab der Produktionslinie.  L-4 war die Bezeichnung des Pipers im Einsatz für Armeezwecke mit entsprechender Bemalung. Das «L» stand für Liaison, aber die Einsatzmöglichkeiten waren schier unbegrenzt: Aufklärungsflüge, Verbindungs- und Führungsaufgaben, Zielmarkierungen mit Rauchbomben, Tiefsteinsätze mit Bazookas, Rettungs- und Suchaktionen usw. Auch General Eisenhower soll gelegentlich mit einer L-4 unterwegs gewesen sein.
Nach dem Krieg wurden diese Flugzeuge in ganz Europa zurückgelassen und unseres wohl aus einem Depot in Frankreich verkauft. So gelangten etwa 200 Stück auch in die Schweiz, vorwiegend zu Flugschulen und Aeroclubs.

RM: 
Damit beginnt ja die Schweizer Geschichte der HB-OGA mit dem schon eingangs erwähnten Datum 13.6.47. Gibt es Anhaltspunkte, wie alt dazumal dieser spezielle Piper schon war?  

LK:
Ja, unsere OGA hat die US Army Tail Nr. 44-80827.  Der Experte René Zürcher (ret. ND Of. CH-LW) sagt dazu: Die Zahl 44 bedeutet das Budgetjahr, in welchem das Flugzeug finanziert wurde. Da im Krieg riesige Mengen von Flugzeugen geordert wurden, ist davon auszugehen, dass diese Maschine auch 1944 produziert wurde. Dies ist heute anders geregelt.                                                                                
Es freut mich ganz besonders, dass meine persönliche Nachfrage von der Air Force Historical Research Agency, Maxwell AFB, Alabama beantwortet und folgendes rekonstruiert und bestätigt wurde:
«Delivered 1944 by Piper Lock Haven PA, Serial Nr.13123, first flight 6.12.1944, delivered to Newark 13.12.1944 for adaptation to Air Force needs, shipped to Europe 16.2.1945, transferred to Army Ground Forces until 1.3.1946, sold to Switzerland 13.6.1947
»

RM : 
Da warst Du ja gerade im Kindergarten…

LK: 
Stimmt, aber fliegen durfte ich die Piper erst ab 1959. Anhand der lückenlos vorhandenen Flugbücher hat die HB-OGA mehrere Male den Eigner gewechselt. Die wesentlichen Einsatzorte waren Altenrhein, Biel, Grenchen und von 1969 bis 1978 in Reichenbach.
1970 wurde ein neuer 90 PS Lycoming Motor eingebaut. Am 27.9.1987 wurde die OGA von der Fluggruppe Saanenland übernommen, deren Piloten jedoch bis März 1994 nur rund 260 Flugstunden auf diesem Typ geflogen sind. Es waren die üblichen Auslastungs- und damit Finanzprobleme einer Fluggruppe.
1994 war gemäss Richtlinien BAZL eine Grundüberholung fällig, die der Verein nicht mehr übernehmen wollte, respektive konnte. Glücklicherweise bildeten die enthusiastischen beiden Gruppenmitglieder der FGS, Paul-François Saugy und meine Wenigkeit, eine Haltergemeinschaft. Wir kauften die OGA und nahmen mitsamt unseren Familien unter Obhut von Ueli Rösti (ehemaliger Flugplatzchef von Saanen) in Fronarbeit die Totalrevision in einem Zweisimmen-Unterstand an die Hand. Austuchen, putzen, schleifen… 

Die erforderlichen Ersatzteile konnte ich in Lincoln, Nebraska, ausfindig machen, musste jedoch meine USA-Reisen via diesen Platz buchen, um im Gepäck Reise-Necessaire gegen Heckrad usw. auszutauschen. Die neuen Flügelverstrebungen waren definitiv zu sperrig. Die damalige Swissair hat die Frachtkosten unter «Oldtimer Materialtransport» grosszügig abgebucht. 
Der Wiederaufbau wurde von Ueli Rösti und Fachkollegen bewerkstelligt, unter Aufsichtskontrollen des BAZL.
Die Eintuchung war auch ein spezielles Ereignis. Ueli kannte einen Wandergesellen, Amerikaner, der europaweit einen guten Ruf in Oldtimerkreisen für solche Arbeiten genoss. Er kam mit Werkzeug, Spannseidenrollen und Farbkessel unter dem Arm auf den Flugplatz. Für drei Tage liess er sich im Unterstand einschliessen und jeglicher Zugang war verboten. Und siehe da, am vierten Tag kam das golden-gelbe Flugzeug wieder ans Licht, so wie wir es heute noch bestaunen können. Dann zog er von dannen zum nächsten Objekt irgendwo im Norden.

RM: 
Und heute, wie gesagt: still going strong!

LK: 
Tatsächlich! Dank viel Wohlwollen z. B. von Seiten der Flugplatzgenossenschaft Gstaad-Saanenland (FGGS), dürfen wir die HB-OGA als offensichtlich aviatisches Nostalgie-Exemplar weiterhin sorgfältig hegen und pflegen und erfreuliche sogenannte «Luftspaziergänge» geniessen. Nur drei Piloten, mit gelegentlichen Gästen, fliegen heute dieses Juwel im Rahmen einer Haltergesellschaft unter Air-Sarina, das mit über 5000 Flugstunden und 7000 Landungen noch lange nicht reif ist fürs Museum. (Im Verkehrshaus Luzern hängt schon eine  L4)
Zu erwähnen bleibt, dass heute immer noch 51 Cubs und mehrere Super-Cubs im BAZL Register eingetragen sind, die gemütlich und würdevoll ihre Kreise ziehen.

RM: 
Man merke sich: HB-OGA Erstflug am 6.12.1944, Totalrevision nach 50 Jahren im Sommer 1994, und heute zählen wir das Jahr 2024… man rechne. Da werden wohl noch die Korken Knallen.

Lieber Lukas , ich danke Dir für das hochinteressante Gespräch.   Many happy landings und blue skies!

LK:
Und  mit bestem Gruss zurück. Die Anregung zur Feier ist registriert!


Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert