Ein Besuch bei der Skyguide in Wangen


(von Hans-Peter Zimmermann)

Das trübe Wetter war perfekt, um etwas über die Flugsicherung der Zukunft zu erfahren.


Am 27. September 2022 waren wir Schweizer Aviatikjournalisten (SAJ) zu einem Vortrag mit anschliessendem Rundgang bei der Firma Skyguide in Wangen bei Dübendorf eingeladen.

Skyguide-Pressesprecher Vladi Barrosa (links) im Gespräch mit SkyNews-Chefredaktor Hansjörg Bürgi

Der frühere Radio24-Moderator Vladi Barrosa, der seit zehn Jahren Skyguide-Pressesprecher und natürlich ebenfalls SAJ-Mitglied ist, hatte den Anlass organisiert. Klaus Meier, seit 2014 Chief Technology Officer und stellvertretender CEO, hielt einen Vortrag über die Vergangenheit und Zukunft der Flugsicherung.

Dr. Klaus Meier, Elektroingenieur ETH und seit 2014 Chief Technology Officer bei der Skyguide

Eines der Themen: Die wachsende Anzahl Drohnen. Skyguide hat das U-Space-System entwickelt, das diese Drohnen erfasst und auf den Bildschirmen für die Flugverkehrsleiter sichtbar macht. Die Drohnenpiloten selbst können mittels App ihren Flug planen und durchführen und nötigenfalls auch direkt die erforderliche Genehmigung einholen. Skyguide selber setzt ebenfalls Drohnen ein: Auf den Flughäfen Zürich und Genf wird seit einigen Jahren eine speziell ausgerüstete Drohne eingesetzt, um die Kosten der Kalibrierung von Instrumenten-Landesystemen massiv zu reduzieren.

Spannend war auch der Beitrag über das «Virtual Center», das bis 2028 in Betrieb genommen werden soll, und das laut Meier eine weltweite Pioniertat von Skyguide darstellt. Dabei geht es darum, die heutigen zwei physischen Kontrollstandorte in Dübendorf (Schweiz Ost) und Genf (Schweiz West) in einem virtuellen Zentrum zu vereinen. Der Schweizer Luftraum ist gemäss Klaus Meier zu klein für eine geteilte Luftkontrolle, dazu müsse man wegkommen von der ortsabhängigen Flugverkehrskontrolle mit beschränkter Reichweite. Satelliten und GPS-Systeme machen heutzutage völlig neue Technologien möglich. Was auf flightradar24.com möglich ist, nämlich die Vernetzung aller weltweiten ADS-B-Signale, soll auch für die Flugsicherung genutzt werden. Das Fernziel ist ein «European Single Sky», wo die Airline-Piloten nicht alle fünf Minuten auf eine andere Frequenz wechseln müssen.

Die beiden Kontrollstellen Zürich und Genf sollen jedoch weiterhin bestehen bleiben. Mehr dazu in diesem Video:


Interessant finde ich auch die Tatsache, dass die Firma Skyguide 60 Prozent ihres Umsatzes mit Transitverkehr erzielt, also mit Überflügen ohne Landung in der Schweiz. Ein Airbus A320, der beispielsweise von Rom nach Hamburg fliegt und dabei die Schweiz überquert, liefert um die 500 Franken an die Skyguide ab. Das wird natürlich alles über die europäische Koordinationsstelle Eurocontrol abgerechnet und an die einzelnen Flugsicherungszentren verteilt.


Die Einnahmen der Flugsicherung in Zürich und Genf machen nur 21% des Umsatzes aus;
der Hauptanteil wird mit dem Transitverkehr erzielt.


Nach dem Vortrag durften wir uns den Radarraum ansehen, der vor einem Jahr völlig neu gestaltet wurde. Die Firma Sommerlatte&Sommerlatte hat hier ein sensationelles Lichtkonzept entwickelt, das an Tageslicht erinnert und natürlich völlig reflexionsfrei ist. Eine ganz andere Arbeitsumgebung als das, was ich bei meinem ersten Besuch 1976 bei der Skyguide, die damals noch «Radio Schweiz» hiess und am Flughafen Zürich-Kloten stationiert war, antraf. Die Controller sassen damals im Dunkeln, koordinierten vieles per Telefon und schrieben für jedes Flugzeug in ihrem Luftraum einen sogenannten «Strip». Das ist alles Vergangenheit, und vieles läuft direkt via Computer. Ferner gibt es eine globale Supervisionsstelle, so dass Katastrophen wie diejenige in Überlingen nicht mehr passieren können.


Der neue Kontrollraum mit dem avantgardistischen Lichtkonzept von Sommerlatte&Sommerlatte wurde 2021 in Betrieb genommen. Zwischen den früheren Arbeitsbedingungen und den heutigen liegen Welten.
Foto: sommerlatte.com


Ein weiteres Thema, das Klaus Meier kurz ansprach, war das Projekt «Remote Tower Geneva». Worum geht’s? Der Tower in Genf ist veraltet und müsste in den nächsten Jahren neu gebaut werden.


Der Tower in Genf ist veraltet und müsste in den nächsten Jahren erneuert werden.


Man überlegt sich jedoch, ob das sinnvoll ist, oder ob man nicht – wie das bereits seit 2021 in einigen Ländern und auch am London City Airport der Fall ist – einen virtuellen Tower installieren soll, der dann physisch völlig unabhängig vom Flughafen funktioniert. Wie das im Alltag aussieht, zeigt dieses Video:



Mein Eindruck von der heutigen Skyguide: Seit dem Desaster von Überlingen, bei dem sich diese Firma alles andere als vorbildlich verhalten hat, ist viel Zeit vergangen. Die bestehenden Sicherheitslücken wurden geschlossen, die Arbeits-Atmosphäre scheint sehr locker zu sein – man ist durch alle Hierarchiestufen per Du – und ich bin sicher, dass sich das auf die Qualität der Flugsicherungs-Dienstleistungen positiv auswirkt. Auch hat sich die Skyguide mit ihren Pionier-Projekten in Europa und darüber hinaus einen Namen geschaffen. An dieser Stelle möchte ich den Organisatoren herzlich danken für diesen spannenden und motivierenden Anlass.

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